Bericht zum EVP-Anlass über Digitalisierung

Bericht zum EVP-Anlass über Digitalisierung

Viele profitieren – den guten Umgang mit der digitalen Welt lernen

So könnte man den Abend zusammenfassen. Zwei Fachleute zeigten die Brisanz dieses Themas am 9.11.21 in Weinfelden auf. Zu den Fragen des ständigen digitalen Wandels und den Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft spannten die Referenten den Bogen zum persönlichen Umgang mit den neuen Medien. Dieser kann dann gelingen, wenn wir bereit sind, uns mit diesen Themen auseinanderzusetzen, den Nutzen darin zu entdecken - um dann zu erkennen, was ‘einem die Zeit und die Seele rauben’ will oder könnte.

Prof. Adrian Fassbind von der ZHAW zeigte die Entwicklung automatisierter Systeme vom Webstuhl (1784), das Fliessband (1870) und die ersten Speicherprogramme (1969) auf. Die künstliche Intelligenz zeigte sich 1997, als ein Schach-PC den Weltmeister Kasparov schlug. Die heutigen Berufsbilder werden sich verändern, da zum physischen Unterricht vermehrt die visuelle Darstellung benützt wird. Beeindruckend zeigte der Referent, wie mit 3D-Druckern hochkomplexe Teile hergestellt werden, wie Schädelplatten und Hüftgelenkkugeln. So bringe die Digitalisierung der Wirtschaft und somit der Gesellschaft enorme Fortschritte.

Josef Adam, Dozent an der ZHAW, erklärte die ‘Leitlinien für ein menschliches Handeln’. Es gäbe im Alltag immer mehr Sensoren um uns herum, die alles erfassen. In diesem Umfeld stellt sich die Frage, wo und wie der Einzelne in seinen Entscheidungen gesteuert wird. Oder erhält er Informationen, die er gar nicht benötigt? Abhilfe könnten zum Beispiel von Werbung unabhängige Provider wie ‘Swisscow’ schaffen. Das Suchtpotential sei nicht zu unterschätzen. Spiele und die Signale der Handys führten zu Arbeitsunterbrechungen und zu Störungen der Aufmerksamkeit, was das Gehirn überfordert. Im Trend liegen heute die ständige Erreichbarkeit und die Möglichkeit, sich online rasch und bequem jeden Wunsch erfüllen zu können. Der Mensch sei heute gefordert, mit digitalem Minimalismus ‘Zeiten und Orte der Ruhe’ zu finden.

Christian Stricker, EVP Grossrat und Moderator, stellte im Podium die Frage, wie einem das Ausklinken aus dem digitalen Alltag gelingen könne. Die beiden Fachleute suchen bewusst den Ausgleich im Familienleben, in der Natur oder mit Hobbys. Dabei gelte, diese Dinge (ohne Handy) zu geniessen. Als Gegenmittel zu übermässigem digitalem Konsum könne helfen, Apps zu löschen. Man müsse sich die Frage des Prinzips stellen können: Was tut mir nicht gut? - Was hilft mir? Die digitale Welt könne dann ein Hilfsmittel zur analogen Welt sein, was beides bereichert und erleichtert.

Zu den Gefahren gab A. Fassbind zu bedenken, dass sich viele technische Entwicklungen nicht durchsetzen werden. Es könne auch mal hilfreich sein, etwas mit Knopfdruck abstellen zu können. Einige digitale und technische Entwicklungen werden wir als Gesellschaft mitgehen müssen, ein Rückzug wäre falsch. Gegen Ängste oder Zweifel gelte es, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, kritische Fragen zu stellen und sich wo nötig, Hilfe von Dritten zu holen. Diese Regel könne auch Eltern in der Erziehung ihrer Kinder helfen. Statt Verboten könne mit Abmachungen ein guter Weg beschritten werden.

Weitere Fragen betrafen die Gefahr durch Cyberkriminalität und die Abhängigkeit von IT-Netzen, die an die Beherrschbarkeit und Kontrolle der Geräte immer wichtiger werde. Bezüglich von gesteuerten Implantaten müsse die Gesellschaft über die ethische Verantwortung entscheiden. Der Abend verdeutlichte die grosse Komplexität der weiter zunehmenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Schlussrunde könnte mit folgendem Konsens umschrieben werden: Behaltet die kindliche Neugier, Neues zu entdecken; setzt euch – auch miteinander – damit auseinander; fällt eine Entscheidung für euer Handeln!

 

 

Zu den beiden Referenten:

Adrian Fassbind ist Professor und Dozent an der ZHAW Winterthur; Ausbildung zum Maschinen- und Wirtschaftsingenieur; ist in der Forschung digitaler Geräte (Roboter, 3D-Drucker), u.a. im Gesundheitswesen, tätig.

 

Josef Adam ist Dozent an der ZHAW Winterthur; Ergotherapeut; Studium in der Neurorehabilitation; mit dem Kurs ‘Arbeitsplatz der Zukunft’ werden Belastungsfaktoren und mögliche Lösungsansätze für den Umgang mit den veränderten Herausforderungen aufgezeigt.