Fraktionsvotum zum überarbeiteten Gasreglement

Fraktionsvotum zum überarbeiteten Gasreglement

Die Fraktion Die Mitte/EVP stimmte an der gestrigen Gemeinderatssitzung dem durch die GPK und den Stadtrat überarbeiteten Gasreglement zu. Es ist ausgewogen und berücksichtigt ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte.

Das vorliegende Reglement giesst die durch den Stadtrat im Herbst 2022 kommunizierte Gasnetz-Strategie in eine gesetzliche Form. Es legt damit fest, dass in Frauenfeld die Lieferung von Komfortgas ab 2040 nicht mehr gewährleistet ist. Gleichzeitigt wird die CO2-Bilanz verbessert, indem der Anteil Biogas in einem weiteren Schritt auf 20% erhöht wird. Zudem werden die Tarife von bisher 24 auf neu noch 8 deutlich vereinfacht. 

Ich kann es vorwegnehmen, die Fraktion Die Mitte/EVP stimmt dem durch die GPK und den Stadtrat überarbeiteten Gasreglement zu. Es ist ausgewogen und berücksichtigt ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte. Ich komme zum Schluss meines Votums nochmals auf diesen Punkt zurück.

In der GPK gab es Anträge, die sich dem ökologischen Aspekt widmen und sich kurz mit «schneller und mehr» zusammenfassen lassen. Also schnellere Abschaltung oder Umstellung und mehr Biogas. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass das vorliegende Reglement auch so starke Anreize bietet und seine Wirkung nicht verfehlen wird. Wir werden entsprechende Änderungs-Anträge deshalb ablehnen.

Das Gasreglement wird eine Entwicklung verstärken, die bereits jetzt deutlich sichtbar ist. Im Jahr 2020, zwei Jahre vor dem Ukraine-Krieg, wurden in der Stadt Frauenfeld noch 24 Gas-Anschlüsse erstellt. Gegenüber 3x mehr Wärmepumpen (69). Im Folgejahr waren es noch 8 Gas-Anschlüsse und 11x mehr Wärmepumpen (86). Im Jahr 2022 noch 4 Gasanschlüsse bei 40x mehr Wärmepumpen (162) um im 2023 schliesslich noch 2, notabene industrielle, Gasanschlüsse bei 71x mehr Wärmepumpen (144). Sie sehen, die Entwicklung weg vom Gas findet bereits statt und das auch nicht erst seit dem Ukraine-Krieg. 

Mit dem nun festgelegten Ende der Liefergarantie auf Ende 2040 wird sich dieser Effekt nochmals verstärken. Wer in Zukunft noch in eine Gas-Heizung investiert weiss, dass er ab 2040 nicht mehr mit Gas rechnen kann. Er wird das in seiner Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigen. Wer also z.B. im Jahr 2030 noch eine Gas-Heizung ersetzt, muss diese auf 10 Jahre abschreiben und nicht mehr auf die Lebensdauer von 15 Jahren. 

Das gleiche gilt für Neuanschlüsse. Wer neu anschliesst, aus welchen Gründen auch immer, muss mit dem Reglement die kompletten Anschlusskosten selbst übernehmen. Zugleich werden allfällige Entschädigungsansprüche im Zusammenhang mit der Einstellung der Gaslieferung ausgeschlossen. Diese Änderung ist massiv, für Neubezüger kostspielig und ein Paradigmenwechsel. 

Und es geht noch weiter. Mit abnehmender Anzahl Nutzer wird auch das Netzentgelt auf immer weniger Bezüger verteilt, wodurch der Gaspreis weiter steigt. Alles in allem gibt es also für Nutzer von Komfortgas starke finanzielle Anreize dafür, in den nächsten Jahren eine alternative Lösung zu suchen.

Wir sind deshalb überzeugt, dass das vorliegende Gasreglement seine Wirkung entfalten wird und es keine zusätzlichen Verbote braucht. Verbote sind in diesem Bereich nicht nötig und können sogar kontraproduktiv sein. Zum einen mag in Einzelfällen Gründe geben, einen Gasanschluss zu erstellen. Zum Beispiel als Übergang bis zum Vorhandensein eines Fernwärme-Anschlusses. Zum anderen erhöht ein explizites Verbot das Risiko, dass als Alternative eine Öl-Heizung mit deutlich schlechterer CO2-Bilanz installiert wird. 

Was wir anstreben, ist eine nachhaltige Lösung. Nachhaltig ist eine Lösung dann, wenn sie ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte ausgewogen berücksichtigt. In den vergangenen Diskussionen ist manchmal der Eindruck entstanden, dass vor allem die Ökologie zählt. Und ökologische Fragen sind es ja auch, die der Auslöser für diese Reglementsänderung sind. Wenn wir aber komplett auf die Ökologie setzen und die anderen Aspekte vernachlässigen, werden wir am Ende keine tragfähige Lösung erzielen und vielleicht sogar vor einem Scherbenhaufen stehen.

Was sind soziale Aspekte? Hier geht es zum Beispiel um die Mieter. Bekanntlich werden die Heizkosten über die Nebenkosten abgerechnet. Wenn wir nun, wie an der GPK-Sitzung gefordert, aus ökologischen Gründen auf 100% regionales Biogas umstellen, so bedeutet das fast eine Verdoppelung des Gaspreises. Die Mieter sind dieser Änderung gegenüber machtlos, für die Vermieter spielt sie zumindest kurzfristig keine Rolle. Schon die mit dem Reglement vorgesehene Erhöhung auf 20% Biogas bewirkt eine Erhöhung des Gastarifs. Wir sind deshalb dankbar, dass hierzu im Gemeinderat kein Antrag angekündigt ist und bezüglich der 20% Biogas nun scheinbar Einigkeit herrscht. 

Was sind wirtschaftliche Aspekte? Hier geht es zum Beispiel um die Planbarkeit. Wer investiert, muss planen können. Wenn wir die Regeln während des Spiels plötzlich ändern und die Möglichkeit eines Lieferstopps bereits auf 2035 ankündigen, riskieren wir hohe Schadenersatzansprüche. Mit dem definierten Zeitraum von 2040 ist dieses Problem elegant gelöst. Er liegt ausserhalb der Lebensdauer von Gas-Heizungen und verhindert Schadenersatzansprüche. Gleichzeitig ermöglicht er eine langfristige Planung. 

Ja, es ist möglich nur auf die Ökologie zu setzen. Aber das Risiko einer Gegenbewegung ist zu gross, wenn soziale und wirtschaftliche Aspekte ignoriert werden. Ich bitte sie deshalb, die vorliegende Reglementanpassung zu unterstützen. Das revidierte Reglement ist ausgewogen und ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 

Frauenfeld, 24. April 2024
Für die Fraktion Die Mitte/EVP
Stefan Eggimann