Heilen anstatt Selektionieren

Heilen anstatt Selektionieren

Andreas Günther
Gegner und Befürworter des revidierten Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) diskutierten im katholischen Pfarreizentrum Weinfelden. An der kontradiktorischen Podiumsdiskussion fand eine breite ethische Debatte statt.

Quer durch alle Parteien haben sich Gegner formiert, um dieses neue Gesetz zu verhindern. Darauf wies Nationalrat Christian Lohr (CVP) im Eingangsreferat hin. „Welche Interessenverbände stehen wohl dahinter, dass das Schweizerfernsehen keine Umfrage mehr zu diesem neuen Gesetz macht und so die Diskussion darüber unterdrückt?“, fragt er sich. In der Medizin solle es um das Heilen, Helfen und Unterstützen gehen und nicht um die Frage: Welches Leben ist lebenswert? Lohr wünscht sich eine Diskussion darüber, wie wir als Gesellschaft mit Grenzen umgehen.
Dr. med. Remo Lachat ist als Fortpflanzungsmediziner immer wieder betroffen von Paaren, die ihren Kinderwunsch nicht erfüllt sehen. Er argumentiert, dass das neue Gesetz weniger Mehrlingsschwangerschaften verursachen werde und spätere Abtreibungen wegfallen würden. Ethisch nicht haltbar findet Dr. med. Susanne Lippmann von der hippokratischen Gesellschaft die vielen „überzähligen“ Embryos, die entstehen. Sie weist darauf hin, dass im neuen Gesetz nicht definiert sei, nach welchen Kriterien das beginnende Leben aussortiert wird. Kommerzielle Interessen werden Tor und Tür öffnen für weitere Liberalisierungen wie Leihmutterschaft und Eizellenspende.

In der Diskussion unter der Leitung von Jürg Schorro, Theologe warnt die Juristin Dr. Marlies Näf-Hofmann vor Eugenik, da das Gesetz zu schwammig formuliert sei und die Menschenwürde mit Füssen getreten werde. Dies eröffne einen zu grossen Spielraum für die Fortpflanzungsspezialisten.
Demgegenüber möchte Kantonsrätin Christine Steiger (SP) Eltern beistehen und es von Anfang an richtig machen. Tests in der Schwangerschaft sollen so nicht mehr nötig sein.
Reto Brändle, Präsident von insieme TG, plädiert für die Vielfalt des Lebens. Er warnt vor steigendem Druck der Gesellschaft auf Eltern, die ein Kind mit einer genetischen Beeinträchtigung zur Welt bringen.
Neue Begehrlichkeiten am Anfang wie auch am Ende des Lebens sieht Kantonsrat Bruno Lüscher (FDP) auf unsere Gesellschaft zukommen. Trotzdem spricht er sich klar für das neue Gesetz aus, das eine hohe Selbstverantwortung der Betroffenen ermögliche.

Am 5. Juni wird abgestimmt. Kantonsrätin Doris Günter empfiehlt die Ethik des Lebens zu wählen. Darüber wurde am Apéro rege weiter diskutiert.