Ja zu einem zeitlich und räumlich begrenzten Einbahn-Versuch im Bereich Ring­strasse, Vor­stadt und Pro­me­nade

Ja zu einem zeitlich und räumlich begrenzten Einbahn-Versuch im Bereich Ring­strasse, Vor­stadt und Pro­me­nade

Votum der Fraktion Die Mitte/EVP zur Motion betreffend «Einbahn als grosse Chance für die Entlastung der Innenstadt» der Gemeinderäte Stefan Leuthold und Lorenz Weber.

Das Thema Einbahn beschäftigt uns nicht zum ersten Mal. Das zeigt auch das Faktenblatt, das der Stadtrat der Motions-Beantwortung beigelegt hat. Wieso der Stadtrat jedoch für die Beantwortung auf gut zwei A4-Seiten elf Monate benötigte, ist uns schleierhaft. Die kurze Beantwortung macht indes klar, dass der Stadtrat mit Verweis auf die vergangenen Motionen und Abklärungen nicht gewillt ist, erneut auf das Thema Einbahn einzugehen. Mehr aber auch nicht. Der Einbezug der Einbahn in die «Aufwertung der Innenstadt» wird pauschal mit dem Argument der «Gefährdung des straffen Terminplans» abgetan. Eine Antwort mit diesem Inhalt und in diesem Umfang wäre umgekehrt schon vor einigen Monaten möglich gewesen, was wertvolle Zeit gespart hätte.

Doch zum Inhalt der Motion. Die Motionäre fordern einen Bericht zu zwei Konzeptvarianten zur Lenkung des Durchgangsverkehrs um das Frauenfelder Stadtzentrum. Beide Varianten seien zunächst als Simulationen und danach in einem zeitlich begrenzten Testbetrieb auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen und könnten bei Erfolg definitiv umgesetzt werden.

Konkret fordert die Motion:

  1. Einen weiträumigen Einbahnring, nicht nur um die Innenstadt, sondern vom Murgplatz über den Rathausplatz, den Markplatz, die Ring- und Eisenwerkstrasse und den Schaffhauserplatz zurück zum unterirdischen Kreisel, wo sich der Kreis (fast) schliesst.
  2. Die Temporeduktion auf dem gesamten Einbahnring von Tempo 50 auf Tempo 30 mit entsprechenden baulichen Konsequenzen.
  3. Die Ausgestaltung des Gebietes innerhalb des Einbahnringes, also nicht nur der Alt- und Innenstadt, als Begegnungszone mit Fussgängervortritt und Tempo 20 auch für VelofahrerInnen.
  4. Das Vermeiden von Schleichverkehr innerhalb des Einbahnrings durch zusätzliche Signalisationen wie z.B. «Sackgasse».
  5. Die massive Reduktion von Parkplätzen in der Altstadt auf wenige Kurzzeitparklplätze.

Ich kann es vorwegnehmen. Wir begrüssen zwar im Grundsatz den erneuten Anlauf für eine Einbahn-Lösung und im Besonderen auch das Ziel, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu erhöhen. Der vorliegende Vorschlag geht jedoch deutlich zu weit. Der geforderte Testbetrieb der zwei Konzeptvarianten in Verbindung mit der Temporeduktion, der Einrichtung der Begegnungszone, der Signalisierung von Sackgassen auf in den Ring führenden Strassen sowie die angestrebte Verlagerung des Transit-Schwerverkehrs auf die Autobahn bedeutet einen immensen Aufwand, der schwer als «Test» deklariert werden kann. Vergangene Studien haben die Probleme von solch grossen Einbahnringen aufgezeigt. Längere Fahrwege und damit Mehrverkehr ist eines davon. Hinzu kommt, dass die geforderten Tempo-30-Zonen häufig bauliche Massnahmen nach sich ziehen und den Durchgangsverkehr behindern, wodurch Autos sich schlussendlich nochmals länger im Perimeter aufhalten.

Mit der vorgeschlagenen Lösung soll auch die Situation für den Langsamverkehr verbessert werden, was teilweise sicher erreicht werden könnte. Die Umsetzung der Motion würde diesbezüglich aber auch Nachteile bringen, im Besonderen für den Veloverkehr. Stellen Sie sich vor, sie dürften mit dem Velo nur noch mit 30 km/h die Ringstrasse hinunterfahren. Gerade massenreiche Personen wie ich haben ein Problem damit und müssten das Budget für Bremsbeläge wohl massiv erhöhen. Innerhalb des Einbahnrings dürften zudem auch VelofahrerInnen maximal 20 fahren. Das mag in der Altstadt und allenfalls in Teilen der Innenstadt gerechtfertigt sein. Und es ist auch kein Problem, wenn man ohne Elektromotor aufwärts fährt. Aber beim Geradeaus- und Abwärtsfahren im gesamten ausgewiesenen Stadtgebiet ist Tempo 20 für Velos zu wenig. 

Wie Sie wissen, waren an den letzten beiden Motionen zum Thema «Einbahn» massgeblich Vertreter der Fraktion Die Mitte/EVP beteiligt. Und so überrascht es sicher nicht, wenn wir uns trotz Ablehnung der Motion mit der Antwort des Stadtrates nicht zufriedengeben können. Gerade die Erarbeitung der Grundlagen für «Aufwertung der Strassenräume in der Innenstadt» bietet die Gelegenheit, das Thema Einbahn nochmals aufzugreifen. Nehmen wir die Ringstrasse. Wie wollen sie hier deutlich mehr Platz schaffen für Velos und gleichzeitig den motorisierten Verkehr weiterhin doppelspurig führen? Oder nehmen sie die Vorstadt. Wie wollen sie hier die Aufenthaltsqualität erhöhen und gleichzeitig motorisierten Gegenverkehr zulassen?

Die meisten unserer grossen Verkehrsvisionen der vergangenen Jahre oder Jahrzehnte haben sich nicht verwirklicht, sie haben sich bildlich gesprochen als «Sackgasse» erwiesen. Was hat denn in den vergangenen Jahren funktioniert? Es gibt ein Beispiel: Der Testbetrieb der Begegnungszone in der Altstadt, der nun in den Regelbetrieb übernommen wurde. Ein kleiner Schritt, aber ein Fortschritt.

Was heisst das nun für weitere Verkehrsprojekte innerhalb von Frauenfeld? Wir glauben aktuell nicht an die eine Lösung und den grossen Wurf. Wir glauben aber, dass ein schrittweises und pragmatisches Vorgehen auch beim Thema Verkehr zum Ziel führen kann. Und wir sind uns mit den Motionären einig, dass es sinnvoll ist, zuerst einen zeitlich und aber eben auch räumlich begrenzten Testbetrieb durchzuführen. Damit haben auch die Einwohnerinnen und Einwohner die Möglichkeit, die Situation zu erleben und sitzen bereits mit im Boot.  

Wir fordern den Stadtrat deshalb auf:

  • Das Thema «Einbahn» im Bereich Ringstrasse, Vorstadt und Promenade in die Erarbeitung der «Aufwertung Strassenräume Innenstadt» einzubeziehen.
  • Die Umsetzbarkeit mit einem zeitglich begrenzten Testbetrieb zu testen.

Wir erarbeiten mit dem Projekt «Aufwertung Strassenräume Innenstadt» jetzt die Ausgestaltung der Verkehrswege in der Innenstadt. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, auch das Thema Einbahn für diesen begrenzten Perimeter nochmals vertieft zu prüfen. Nicht um der Einbahn willen, sondern zur schrittweisen Verbesserung des Nebeneinanders der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden. Wenn wir das jetzt nicht machen, werden Tatsachen geschaffen und eine sinnvolle Einbahn-Lösung wird für längere Zeit verunmöglicht oder erschwert. 

Bevor ich schliesse, noch eine Bemerkung zum Thema Parkplätze. Das Stimmvolk hat sich vor weniger als einem Jahr mit der Ablehnung der Grundsatzfrage «Altstadt autofrei?» deutlich gegen die Abschaffung der Parkplätze in der Altstadt ausgesprochen. Aus diesem Grund ist für uns klar, dass die von der Motion geforderte Reduktion auf eine kleine Anzahl Kurzzeitparkplätze in der Altstadt für die nächsten Jahre vom Tisch ist. Der Motion kann man zugutehalten, dass sie bereits vor der erwähnten Abstimmung eingereicht wurde und das Resultat noch nicht bekannt war.

In diesem Sinne dankt unsere Fraktion den Motionären für das erneute Aufbringen des Einbahn-Themas. Aufgrund der aufgeführten Argumente bitte ich Sie namens der Fraktion Die Mitte/EVP jedoch, die vorliegende Motion als nicht erheblich zu erklären.

Frauenfeld, 15. März 2023
Stefan Eggimann, Fraktion Die Mitte/EVP