Votum Fraktion die Mitte/EVP zum Gasreglement

Votum Fraktion die Mitte/EVP zum Gasreglement

Die Fraktion die Mitte/EVP hat an der Gemeinderatssitzung vom 23. August das neue Gasreglement mehrheitlich unterstützt.

Die Fraktion die Mitte/EVP begrüsst grundsätzlich die Stossrichtung des neuen Gasreglements.

Das Reglement hält, basierend auf der Gasnetzstrategie fest, dass ab 2040 die Lieferung von Komfortgas nicht mehr garantiert ist. Das ist ein starkes Signal und bleibt nicht ohne Wirkung. Je näher dieser Termin kommt, desto weniger lohnt sich die Investition in eine Gasheizung. Wer rechnen kann, wird sich deshalb zweimal überlegen, in eine solche zu investieren. Doch bereits die aktuellen Zahlen sprechen für sich. Im Jahr 2020 wurden in Frauenfeld noch 24 neue Gasanschlüsse erstellt. Im Jahr 2021 waren es noch 8 und letztes Jahr gerade noch 4 neue Gasanschlüsse. Im Vergleich dazu wurden letztes Jahr 162 neue Wärmepumpen erstellt. Mit dem neuen Reglement wird diese Entwicklung auch deshalb nochmals verstärkt, weil künftig die Erschliessung mit Komfortgas gänzlich durch die Kundschaft finanziert werden müsste. Mit der Datierung auf das Jahr 2040 wird zudem verhindert, dass Schadenersatzforderungen an die Stadt gestellt werden, die bei einer früheren Einstellung anfallen könnten.

Wir finden es richtig, dass der Stadtrat im Reglement nicht mit Verboten arbeitet, aber klare Rahmenbedingungen vorgibt. Dazu zählt auch die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Gasen auf mind. 20%. Das ist ein erster Schritt, dem weitere folgend werden. Natürlich wären aus rein ökologischer Sicht 100% erneuerbar besser. Wir müssen jedoch auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele auch soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen und schrittweise vorgehen. So tönt die in der GPK gestellte Forderung nach zwingend 100% Biogas aus lokaler Produktion zwar verlockend, sie ist aber derzeit schlicht und ergreifend nicht umsetz- und finanzierbar. So machte das teure Schweizer Biogas im Jahr 2021 in der Schweiz nur knapp 1% des Gasverbrauchs aus.[1] Bedenken Sie bitte, wie sich eine kurzfristige Steigerung auf 100% auswirken würde und bedenken Sie dabei, wer am Schluss die Heiz-Nebenkosten bezahlt.

In der GPK wurde seitens des Stadtrats postuliert, dass es sich um eine Teilrevision des Gasreglements handle. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass es um eine Totalrevision geht. Bereits in der entsprechenden Medienmitteilung hat der Stadtrat von einem neuen Gasreglement gesprochen. Die Botschaft trägt denn auch den Titel «Revision» und nicht «Teilrevision». Teilrevisionen wurden in vergangenen Botschaften jeweils explizit als solche ausgewiesen. Am klarsten auf eine Totalrevision deutet aber der Grad der Anpassungen. Gemäss den Gesetzestechnischen Richtlinien des Bundes (GTR) gilt als Fraustregel, dass eine Totalrevision[2] vorgenommen wird, "sobald die Änderung mehr als die Hälfte der Artikel des Erlasses betrifft." Das bisherige Gasreglement umfasste 27 Artikel, davon wurden 16 geändert, 8 gestrichen und nur 3 unverändert beibehalten - aber verschoben. Das Reglement wurde neu gegliedert und neue Terminologien wurden eingeführt. Auch das spricht gem. den Richtlinien klar für eine Totalrevision.[3] 

Lassen Sie mich noch etwas zum Zustandekommen des lachsfarbenen Papiers sagen. In der GPK-Sitzung vom 8. August wurden diverse Änderungen vorgenommen. Zudem hat die GPK anlässlich dieser Sitzung entschieden, die Anpassung von fünf Artikeln in Auftrag zu geben und darüber schlussendlich auf dem Zirkularweg zu entscheiden. Bei diesen fünf Änderungen handelt es sich zweimal um das Einfügen des Wortes «massgebend», zweimal um eine zusätzliche Begriffsdefinition (Komfortgas und Gasverteilnetz) und einmal um die Präzisierung eines Artikelverweises. Thurplus hat den Zirkularbeschluss noch um drei weitere Punkte ergänzt, von denen zwei redaktioneller Natur sind.

Ja, der Zeitplan war sportlich, die GPK-Sitzung lang und die Änderungen sind zahlreich. Die Fraktion die Mitte/EVP ist aber mehrheitlich der Meinung, dass wir dem neuen Gasreglement mit den durch die GPK vorgenommenen Änderungen heute zustimmen können. Das Reglement wird sicher keinen Pulitzerpreis gewinnen, aber es erfüllt seinen Zweck. Wir bezweifeln, dass eine Rückweisung namhafte Verbesserungen mit sich bringen wird. Sie würde jedoch dazu führen, dass die aktuellen Rechtsunsicherheiten noch weiter bestehen und sich die Einführung der neuen Tarife verzögert.

Aufgrund der Erfahrungen mit dem Fernwärmereglement und nun mit dem Gasreglement muss geprüft werden, ob in Zukunft für Reglemente generell eine längere Frist und grundsätzlich zwei GPK-Sitzungen eingeplant werden müssen. Wir verzichten als Fraktion jedoch darauf, mit der Rückweisung des Gasreglements ein Exempel in diese Richtung zu statuieren.

 

Frauenfeld, 22. August 2023
Für die Fraktion Die Mitte/EVP
Stefan Eggimann

 


[1] https://www.energie-experten.ch/de/wissen/detail/mehr-biogas-fuer-die-schweiz-oder-doch-lieber-nicht.html, abgerufen am 22.8.23

[2] Definition Totalrevision: Erlassen einer neuen Fassung des ganzen Textes und Aufhebung der bisherigen Fassung

[3] vgl. https://www.bk.admin.ch/apps/gtr/de/index.html?dtl276.html, abgerufen am 22.8.23